Liebe Forscher:in, ich möchte gerne mein Mitgefühl mit der palästinensischen Zivilbevölkerung äussern, aber ich möchte dabei nicht antisemitisch sein oder als antisemitisch wahrgenommen werden und ich möchte auch meine jüdische (beste) Freundin nicht verletzen.
Das ist eine schwierige Frage. Die Situation ist derart verhärtet, dass die Anteilnahme für eine Seite von manchen sofort als Negierung der anderen Seite gedeutet wird. Dazu kommt, dass die politische Situation im Nahen Osten (und die Geschichte des Gebiets) nicht ganz einfach zu erklären ist. Schwierig zu verstehen ist auch, dass die üblichen Muster „gut versus böse“ hier nicht passen bzw. zu kurz greifen.
Die Frage wird mir sehr oft gestellt, zumeist von Schülerinnen und Schülern. Ich antworte dann, dass das Anerkennen des Leidens der „anderen Seite“ für mich elementar dazugehört in dieser Situation.
Also: Sätze wie „Der 7. Oktober war schlimm, ABER was jetzt passiert, ist wirklich schlimm …“ oder „Die Palästinenser sind komplett selbst schuld, sie haben die Hamas gewählt.“ sind nicht dialogfördernd.
Man darf auch nicht vergessen, welche Geschichte mit Bezug auf nationalstaatliches Denken beide mitbringen. Die Israelis wissen: Der Staat ist eine einmalige Gelegenheit nach fast 2000 Jahren ohne staatliche Form. Die Palästinenser:innen sind in diesem Bereich ein Spielball der arabischen Länder. Hätte man 1948 auch einen – wie angedacht – arabischen Staat (damals sagte man noch nicht „Palästinenser:innen“) ausgerufen, wäre die Geschichte sicher anders verlaufen. Die staatspolitische Situation der Palästinenser:innen wäre wohl eine andere.
Die damals für die Palästinenser:innen sprechenden Gruppen (vor allem die Arabische Liga) hätten damit aber die Existenz (und die Berechtigung der Existenz) eines jüdischen Staates anerkannt – und das wollten sie unter keinen Umständen.
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